1945 – 1950

This image has an empty alt attribute; its file name is GroupPhotoJungsKergen-1024x586.jpg

Titelbild: Sommer 1945 – Großes Treffen auf dem Bauernhof der Familie Kergen in Sassel, um die Heimkehr des jüngeren Bruders Jängl Kergen (vom Ostenfront kommend) zu feiern. In der Mitte der zweiten Reihe, im weißen Hemd, steht Pierre Schon neben seinem Kameraden und Widerstandskämpfer Pierre Kergen, umgeben von der Familie Kergen, Eugène Kremer, den Cousins Hub und Franz Conzemius, Jany und Norb Morn, René und Roger Martin sowie weiteren Widerstandsfreunden aus dem Norden des Landes. © L.P.P.D

Als das nationalsozialistische Deutschland am 8. Mai 1945 kapitulierte, waren weite Teile Europas nur noch ein Trümmerfeld. Rund ein Drittel der Straßen, Brücken und Gebäude in Luxemburg waren zerstört – im Norden, wo die schlimmsten Kämpfe tobten, sogar noch mehr. Es herrschte Lebensmittelknappheit, Rationierung war an der Tagesordnung. Etwa 4.000 Menschen wurden während des Krieges deportiert, darunter 2.000 politische Gefangene – viele davon in das heutige Polen. Diese Heimkehr war nun zu organisieren. Millionen von Flüchtlingen und Heimkehrern versuchten, zurückzukehren, meist ohne ihre Familien über ihren Verbleib oder ihre Ankunft informieren zu können. Zugleich flohen weiterhin Millionen von deutschen Zivilisten vor der Roten Armee.

Foto oben links (24. Mai 1945): © ANLux FD005‑10‑002 Rechts: Ulfingen, Reinigung nach der Befreiung am 31. Januar 1945 durch die 90. US-Infanteriedivision. © ANLux 005‑01‑022

Pierre kehrte Anfang Februar 1945 zum Familienhof zurück. Mit 30 Jahren, nach fünf Kriegsjahren, besaß er nur noch das Hemd auf dem Leib. Dennoch war er dankbar, am Leben zu sein. Als er im April 1943 vor der Gestapo geflohen war, hatten diese den Hof durchsucht und seine Kleidung, sein Fahrrad sowie sein Sparbuch beschlagnahmt. Später stellte er seine restliche Kleidung den alliierten Fliegern zur Verfügung, damit sie besser als Zivilisten auftreten und unbemerkt bleiben konnten. Da er das Gefühl hatte, während dieser harten Jahre so viel geopfert zu haben, schrieb Pierre an das Internationale Rote Kreuz, gab seine Maße an und bat darum, ihm Kleidung zukommen zu lassen.

In den folgenden Monaten widmete Pierre Schon viel Zeit und Mühe der Flüchtlingshilfe. Er war eine großzügige, humanistisch gesinnte Person, die von Natur aus dazu neigte, Bedürftigen zu helfen – wie seine Taten während des Krieges eindrucksvoll bewiesen hatten. Luxemburg, zentral in Westeuropa gelegen, wurde zu einem Zufluchtsort für zahlreiche Flüchtlinge und Vertriebene, die vor der Verwüstung des Krieges geflohen waren.

Er unterstützte die in Luxemburg ankommenden Flüchtlinge, indem er ihnen Unterkunft, Verpflegung und weitere wichtige Hilfen wie Wohnraum und Integrationsangebote vermittelte. Dabei engagierte er sich aktiv in Organisationen wie dem Flüchtlingshilfszentrum des Luxemburger Roten Kreuzes. Zudem half er dem C.I.C., indem er während der Gegenoffensive Flüchtlingskonvois nach Belgien begleitete und die Botschaft in Brüssel aufsuchte, um deren Papiere zu ordnen. Er arbeitete eng mit der F.F.I. (Vereinigte Französische Widerstandsbewegung) zusammen, um bei der Rückführung französischer Kriegsgefangener zu helfen. Auf der Urkunde, die seine Leistungen bei der Verleihung der Widerstandsnadel würdigte, wurde seine Hilfe im Flüchtlingswesen hervorgehoben. E wurde als „Schlüsselfigur bei der Betreuung ziviler und militärischer Flüchtlingszentren“ beschrieben.

Nur wenige Widerstandskämpfer können von sich behaupten, Hermann Göring – den Präsidenten des Nazi-Reichstags, Gründer und Oberbefehlshaber der Luftwaffe und bis April 1945 designierten Nachfolger Hitlers – von Angesicht zu Angesicht begegnet zu sein und darüber berichten zu können.

Das Lager Ashcan wurde im Mai 1945 von der US-Armee im Palace Hotel in Mondorf-les-Bains (damals Luxemburgs luxuriöses Kurhotel) eingerichtet. Es diente als temporäres Vernehmungs- und Internierungslager für hochrangige Nazi-Funktionäre, nachdem diese von den Alliierten in Deutschland gefangen genommen worden waren. Zu den Insassen von Ashcan gehörten Hermann Göring, Joachim von Ribbentrop, Karl Dönitz und viele weitere. Die Verhöre in Ashcan waren Teil der Informationsbeschaffung für die Nürnberger Prozesse, die im November 1945 begannen.

Ende Frühling beobachtete Pierre Schon, wie Hermann Göring durch den Garten spazierte und die Sonne genoss. Was Pierre am meisten beeindruckte, war, wie gepflegt Göring gekleidet war und wie entspannt und lächelnd er wirkte. Pierre hatte diesen langen und grausamen Krieg überlebt und war ein freier Mann. Direkt vor ihm stand einer der Anführer der mächtigen Nazi-Kriegsmaschine, die über vier lange Jahre fast ganz Europa besetzt und in völliges Chaos gestürzt hatte. Es schien fast surreal.

Foto (public domain – US Regime): Göring, Mitte der ersten Reihe, unter den Häftlingen im Camp Ashcan.

Ende August 1945 wurden Göring und die anderen nach Nürnberg gebracht, um sie auf das Internationale Militärtribunal vorzubereiten, das im November desselben Jahres begann. Redegewandt und unbußfertig wurde Göring am 1. Oktober 1946 in allen vier Anklagepunkten (Verschwörung zur Führung eines Angriffskrieges, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) für schuldig befunden und zum Tod durch den Strang verurteilt. Am 15. Oktober 1946 nahm er sich in seiner Zelle mit einer Cyanid-Kapsel das Leben – Stunden vor der eigenen Hinrichtung.

Mit dem Kriegsende war es an der Zeit, den Belgiern Dank auszusprechen und ihre Unterstützung wertzuschätzen. Sie hatten ihre luxemburgischen Gäste auf vielfältige Weise geholfen – sei es durch das Verstecken und Unterstützen alliierter Flieger, französischer Kriegsgefangener oder junger Luxemburger, die sich der Zwangsrekrutierung in die deutsche Armee entzogen hatten.

Auch im Namen der luxemburgischen Maquisards, die in den Waldlagern lebten – viele von ihnen wurden später Freiheitskämpfer in der belgischen Geheimarmee und führten Sabotageakte gegen die Nazi-Besatzer durch – gilt unser Dank.

Am Samstag, den 1. September 1945, brachen ein großer Bus und mehrere Autos von Luxemburg in Richtung belgische Ardennen zu einer zweitägigen Reise und Reihe von Feierlichkeiten auf. In der Zeitung La Meuse Belge erschien ein ganzseitiger Artikel mit dem Titel „Die belgo-luxemburgische Freundschaft“.

Foto oben links: Begrüßung in Marloie; Pierre in zweiter Reihe, dritter von links. Marie-Louise Didier zweite von links. Rechts: Der Bus mit den luxemburgischen Kämpfern für die Freiheit. Fotos © Néckel Kremer, aus seinem Buch Erennerungen un Deemols (1994).

Eröffnungsball in Marloie. Erste Station am Samstag war ein Ball in Marloie, dem Zentrum des von Jean Boever aufgebauten Netzwerks von Zufluchtsorten.

Pierre Schon sprach im Namen der luxemburgischen Maquisards: „Hingebungsvoll habt ihr uns Zuflucht gewährt, uns den Weg gezeigt, damit wir den gemeinsamen Feind heimlich bekämpfen konnten. Gemeinsam waren wir siegreich und haben die Rückkehr unserer geliebten Gefangenen und Deportierten erreicht. Nun ist der Krieg vorbei, und wir sind gekommen, um euch für all eure wertvolle Hilfe zu danken.“

Die Belgier applaudierten begeistert und riefen: „Es leben die Luxemburger!“ Am Abend überreichte Pierre Schon der gewählten Ballkönigin einen großen Blumenstrauß und den traditionellen Kuss.

Sonntag: Messe, Ehrung und Danksagung. Am Sonntagmorgen hielt Abt Heinen aus Ulfingen, selbst ein engagiertes Mitglied des luxemburgischen Widerstands, die Messe. Anschließend folgte die Kranzniederlegung am Kriegsmemorial. Die nächste Station war das „Marloie-Asyl“, wie das Netzwerk liebevoll genannt wurde, um Jean Boever und René Nicolay persönlich für ihre unschätzbare Hilfe bei der Bereitstellung von Zufluchtsorten und neuen Identitäten für über 200 Flüchtlinge zu danken.

Emotionale Wiedersehensfeier im Krankenhaus. Im Kampf wurden mehrere Maquisards verwundet und benötigten medizinische Hilfe. Dr. Docquier und sein hingebungsvolles Team, darunter Oberin Antonia, wurden bei einem Besuch im Krankenhaus in Aye bei Marche-en-Famenne herzlich gedankt. Besonders freuten sie sich, zwei ihrer ehemaligen Patienten wiederzusehen, die im Kampf verwundet worden waren und die sie gesund gepflegt hatten: Joseph Morn und Joseph Tholl. Die beiden Männer waren danach in das Waldlager zurückgekehrt, um ihren Kampf gegen die Nazis fortzusetzen.

Foto Dr Docquier und seine Mannschaft © L.P.P.D

Halt in Ciney und finale Feierlichkeiten. Das Mittagessen wurde von der Familie Boever organisiert, danach ging es weiter in Richtung Ciney, um der mutigen Familie Petit und der lokalen Bevölkerung herzlich zu danken. Als die luxemburgischen Maquisards die Stadt Ciney mit Fahnen betraten, wurden sie vom Bürgermeister Bodart, zahlreichen lokalen Würdenträgern und Henin, dem Leiter des Widerstands, jubelnd empfangen. Der Bürgermeister erklärte, Belgien sei stolz darauf, den luxemburgischen Freiheitskämpfern geholfen zu haben. Pierre Schon betonte die tiefen freundschaftlichen Bande, die die beiden Länder verbinden, woraufhin Rufe ertönten: „Es lebe Luxemburg, es lebe Belgien.“ Alle sangen die beiden Nationalhymnen als Ausdruck von Stolz, Einigkeit und Patriotismus. Die letzte Station war Haut Haversin, Standort eines der größten belgischen Maquis mit über 100 Freiheitskämpfern, darunter ein Dutzend aus Luxemburg, wo ein weiterer Dank an die lokale Bevölkerung und den belgischen Widerstand ausgesprochen wurde.

Die Rechenschaftspflicht gegenüber Kollaborateuren nach dem Krieg war in allen besetzten Ländern ein kontroverses Thema. Der Begriff „Gielemännchen“ („gelbe Männer“) wurde von vielen Luxemburgern übernommen, zunächst um allgemein die deutschen Nazis zu bezeichnen und später auf luxemburgische Kollaborateure ausgeweitet. Der Begriff leitet sich von den gelben Uniformen der NSDAP ab. Zudem stammt der Begriff von den gelb gefärbten Ausweiskarten (oder Akten), die nach dem Krieg verwendet wurden, um mutmaßliche oder bestätigte Kollaborateure zu kennzeichnen. Diese Personen waren unterschiedlichen Strafmaßnahmen ausgesetzt, darunter Gefängnisstrafen, der Entzug der Bürgerrechte oder gesellschaftliche Ächtung.

Gielemännchen © Photothèque de la ville de Luxembourg. Unbekannter Fotograf.

Die Organisation Unio’n. Die wichtigsten luxemburgischen Widerstandsgruppen gründeten im März 1944 die Dachorganisation Unio’n. Nach dem Rückzug der deutschen Truppen, jedoch noch vor der Rückkehr der luxemburgischen Exilregierung, versuchten sie mit Unterstützung der amerikanischen Armee, eine gewisse Ordnung wiederherzustellen. Trotz fehlender rechtlicher Grundlage nahmen sie zahlreiche Kollaborateure fest. Dies verhinderte möglicherweise tödliche Selbstjustiz, wie sie in anderen Ländern vorkam, da die Bevölkerung insgesamt weiterhin wütend auf die festgenommenen Kollaborateure blieb. Neben ihren politischen Aktivitäten mussten sich die Kollaborateure auch für ihre Handlungen gegen Juden, das Denunzieren von Widerstandskämpfern und versteckten Zwangsrekrutierten sowie das Ausspionieren der luxemburgischen Bevölkerung verantworten.

Als Mitglied der LPL und später von Unio’n beteiligte sich Pierre Schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit an der Identifizierung von Kollaborateuren. An erster Stelle seiner Liste stand Jules, der Gestapo-Informant, der Pierres guten Freund und Passeur, Ernest Delosch, denunziert hatte. Dies führte zu dessen Verhaftung, monatelanger Folter und seiner Hinrichtung im Februar 1944 in Köln. Der Verrat verursachte auch Marie-Louise Didier, einem weiteren patriotischen Widerstandmitglied in Pierres Netzwerk, großes Leid und kostete ihr beinahe das Leben in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Neu-Brandenburg. Jules floh nach Frankreich, um seine Familie zu besuchen, wurde jedoch bei seiner Rückkehr verhaftet und beging im Gefängnis Selbstmord.

Während und nach dem Krieg hatten die Widerstandsbewegungen einen recht guten Überblick darüber, wer die Hauptkollaborateure waren, also jene, deren Handlungen zur Verhaftung, Folter und sogar zum Tod von entlaufenen Zwangsrekrutierten, französischen Kriegsgefangenen und Widerstandskämpfern führten. Jules Dominique lobte Pierre für seine Unterstützung bei der Auffindung und Verhaftung von zwei mutmaßlichen „Gestapo-Kollaborateuren“ in Belgien – einem Feldgendarmen und einem Rekrutierer für die deutsche Armee. Die belgischen Behörden gingen gegen Kollaboration hart vor. Etwa 53.000 Personen wurden vor Militärgerichten angeklagt. Von diesen wurden 2.940 Personen zum Tode verurteilt. Bis 1950 vollstreckte das Erschießungskommando jedoch nur 242 Hinrichtungen.

Im Großherzogtum versuchten zwölf prominente Kollaborateure, darunter Damian Kratzenberg (Gründer der „Volksdeutsche Bewegung“ – VdB), nach Kriegsende nach Deutschland zu fliehen. Sie wurden gefasst und nach Luxemburg zurückgebracht. Alle wurden zum Tode verurteilt. Kratzenberg wurde im Oktober 1946 in Luxemburg-Stadt erschossen. Einige der Todesurteile wurden später in lebenslange Haftstrafen umgewandelt, ehe sie vollstreckt wurden. (Quelle: Wikipedia)

In den Jahren nach dem Krieg wurden 5.721 Personen in Luxemburg wegen Zusammenarbeit mit den Nazis angeklagt. Fast die Hälfte von ihnen – genau 2.275 Personen – wurde für schuldig befunden und verurteilt.

Der berüchtigte Gauleiter Gustav Simon, regionaler NSDAP-Leiter für Luxemburg, wurde im Mai 1945 in Westdeutschland von den Alliierten festgenommen, nachdem er sich in der Nähe von Koblenz unter falschem Namen versteckt hatte. Die britischen Behörden nahmen ihn in Gewahrsam. Er sollte an Luxemburg ausgeliefert werden, um dort wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt zu werden. Bevor es jedoch zu einem Prozess kam starb Simon jedoch im Dezember 1945 in der Haftanstalt Paderborn unter mysteriösen Umständen.

Einer der bekanntesten Fälle von Kollaboration in Luxemburg war der des Politikers Pierre Prüm, der von 1925 bis 1926 Premierminister des Großherzogtums war. Er war Gründer der Unabhängigen Nationalen Partei (Partie Nationale indépendante – PNI). Nach der deutschen Annexion Luxemburgs im Jahr 1942 wurde Prüm von der NS-Verwaltung zum Bürgermeister von Klierf ernannt. Nach dem Krieg wurde er festgenommen, vor Gericht gestellt und wegen seiner öffentlichen Unterstützung der deutschen Besatzungspolitik und seiner propagandistischen Äußerungen verurteilt. Er erhielt 1946 eine Haftstrafe von vier Jahren – ein Urteil, das von vielen als vergleichsweise milde angesehen wurde, insbesondere im Vergleich zu anderen Kollaborateuren. Pierre Prüm starb 1950 in Klierf, kurz nach Verbüßung seiner Haftstrafe.

Während der Säuberungsperiode von 1944 bis 1950 mussten luxemburgische Bürger ein Erklärungsformular ausfüllen. Dieses wurde oft als Loyalitätsfragebogen bezeichnet und war Teil des Entnazifizierungsprozesses. Diese Formulare wurden von den Behörden verwendet, um das Verhalten jeder einzelnen Person während der nationalsozialistischen Besatzung zu bewerten. Die Antworten dienten dazu, die Personen in Kategorien einzuteilen – etwa für weitere Untersuchungen, gerichtliche Verfahren oder um Verdachtsmomente zu entkräften. Eine Ironie der Nachkriegszeit bestand darin, dass viele Richter, die über diese Säuberungsverfahren entschieden, selbst Mitglieder der „Volksdeutschen Bewegung“ (VdB) oder des „Rechtswahrerbundes“ gewesen waren. Mit anderen Worten: Viele derjenigen, die nun über mutmaßliche Kollaborateure urteilten, hatten selbst Verbindungen zu NS-nahen Organisationen.

Ende der 1940er-Jahre strebte die luxemburgische Gesellschaft nach Stabilität und Versöhnung. In diesem Geist wurden mehrere Amnestiegesetze erlassen – insbesondere in den Jahren 1947, 1951 und 1955 –, um viele der verurteilten Kollaborateure wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Ziel war es, die nationale Einheit wiederherzustellen und die Komplexität des Lebens unter Besatzung anzuerkennen.

Unmittelbar nach dem Krieg hatte Pierre Schon das Gefühl, so viel für sein Land geopfert zu haben. Über mehr als vier Jahre hatte er täglich sein Leben riskiert und seine Familie ständig in Gefahr gebracht. Gleichzeitig hatte er den Eindruck, dass viele Menschen, von denen er glaubte, sie seien pro-nazistisch gewesen, ein deutlich leichteres Leben geführt hatten und es ihnen tatsächlich gut ging. Die Zeit wirkte jedoch als großer Heiler, und während er seine Karriere aufbaute und eine Familie gründete, ließen diese Gefühle der Ungerechtigkeit allmählich nach.

Kollaboration war in den Jahren nach dem Krieg ein heikles und vielschichtiges Thema. Um das Ziel von Versöhnung und gesellschaftlichem Zusammenhalt nicht zu gefährden, wurde es im Großherzogtum Luxemburg zunehmend tabuisiert – kaum historisch aufgearbeitet, selten öffentlich diskutiert und oft aus dem nationalen Diskurs ausgeklammert.

Großherzogin Charlotte kehrte am 14. April 1945 nach Luxemburg zurück, bejubelt als eine nationale Symbolfigur der Einheit. Während ihres Exils in London war sie eine starke Symbolfigur für den luxemburgischen Widerstand. Durch ihre BBC-Radioansprachen übermittelte sie der Bevölkerung Botschaften der Hoffnung und Ermutigung und setzte sich diplomatisch aktiv für die Sache der Alliierten ein.

© Photothèque de la Ville de Luxembourg. Urheber unbekannt.

Auf dem Foto sieht man Großherzogin Charlotte, wie sie durch die Straßen von Luxemburg-Stadt schreitet – begleitet von ihrem Ehemann Prinz Félix und ihrem Sohn, Prinz Jean, dem damaligen Erbgroßherzog. Prinz Jean trat 1942 der britischen Armee bei, diente als Leutnant bei den Irish Guards und nahm 1944 an der Invasion der Normandie (D-Day) sowie an der Befreiung von Brüssel und Luxemburg-Stadt teil.
.

Nach oben scrollen